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Bildschirmarbeiterin bei einem erotischen Chat, in einem Pariser Minitel-Unternehmen
»Kinostadt Paris«
 
 
Ist KINOSTADT PARIS, 1988 von Manfred Blank und Harun Farocki für den WDR gedreht, ein Filmvermittelnder Film? Wahrscheinlich nicht, denn es kommen nur drei Filme als Filme und jeweils sehr kurz vor: Ein Auschnitt aus Pierre Chenals PARIS-CINÉMA von 1929, der die Dreharbeiten zu einem Film zeigt. Den Film sichten Blank und Farocki auf einem Bildschirm des Forum des Images, in dem die VHS-Kassetten von Robotern aus den Regalen gezogen und in die Videogeräte geschoben werden. Später sieht man die beiden auf einem
Café-Tisch einschlafen und in einem Traum diese Bilder aus einem elektronischen Bildarchiv mit dem Bildarchiv aus LES CARABINIERS von Jean-Luc Godard verknüpfen: Die beiden Soldaten, die aus dem Krieg einen Koffer voll Postkarten als Beute mitgebracht haben. »Bilderschätze, Bilder wie Geld«, sagt jemand aus dem Off. Und noch ein weiterer Godard-Film begegnet den beiden auf ihrer Paris-Reise: Die Videoarbeit ON S'EST TOUS DÉFILÉ, die im Kaufhaus des Auftraggebers Girbaud unter einer Treppe versteckt ist.
Aber auch wenn KINOSTADT PARIS nicht im engeren Sinne filmvermittelnd ist, erfährt man viel darüber, was »Kino« und »Film« 1988 in Paris bedeuten. Man erfährt es in 21 Episoden, die mit kurzen Zwischentitel wie Kapitel voneinander abgesetzt sind und deren Protagonisten »ein Herausgeber von Filmbüchern« (Jean Narboni), »ein Seminar in der Cinémathèque« (Richard Leacock erzählt über die Zusammenarbeit mit Flaherty), »ein Direktor beim Fernsehen« (René Bonnell), »ein Film-Kameramann« (William Lubtchansky) oder »kein Filmkritiker« (Michel Delahaye berichtet verbittert über seine Entlassung bei den Cahiers) heißen.
Wo ist das Kino zu finden, wenn es nicht mehr nur im Kino stattfindet? Möglicherweise ist es auf den Bildschirmen der Minitel-Erotik-Hostessen zu finden. Oder im Wohnzimmer eines Sammlers von Jahrmarktsfilmen, der Gaston Meliès' Reisefilm aus Kambodscha vorführt. Oder es steckt im Gefühl des Metrobenutzers sein, dessen Einsamkeiten Marc Augé mit der Einsamkeit des Kinozuschauers vergleicht.
 
Mitwirkende: Jean Narboni, William Lubtchansky, Paul Vecchiali, René Bonnell, René Charles, Maria Koleva, Michel Delahaye, Marc Augé, Richard Leacock, Jean Rouch.
Filmzitate: Paris-Cinéma (Pierre Chenal, F 1929), Les Carabiniers (Jean-Luc Godard, F/I 1963), Les Ruines d'Angkor (Gaston Meliès, F 1912), On s'est tous défilé (Jean-Luc Godard,
F 1988).
Volker Pantenburg, auf der Website "Kunst der Vermittlung" (2008)
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