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Still aus dem Film "Wie will ich lustig lachen": Danièle Huillet beim Korrigieren von Untertiteln
Jean-Marie Straub beim Exzerpieren

Auf der Website mubi.com veröffentlichte Dave McDougall am 05.09.2008 eine Rezension der DVD-Edition von Klassenverhältnisse und befasst sich auch länger mit dem Film.

„Das Juwel der Sammlung aber ist Manfred Blanks Wie will ich lustig lachen. Der Film beginnt mit einem langen Schwenk über eine Landschaft, zerschnitten von Straßen und Baustellen von Häusern, begleitet von der Bach-Kantate, die dem Film seinen Namen gibt (BWV 205). Beides, die Kameraarbeit und die Kantate, würdigen respektvoll die politische Zielrichtung der Arbeit von Straub und Huillet. Der Text der Kantate in dem Abschnitt, den Blank ausgesucht hat: Wie will ich lustig lachen, wenn alles durcheinander geht! Wenn selbst der Fels nicht sicher steht. Und wenn die Dächer krachen, so will ich lustig lachen!

Wir sehen dann Jean-Marie und Danièle über ihre Arbeit sprechen in mehreren ungeschnittenen Aufnahmen (meistens den Blick auf Straub richtend, dessen feuriges und ausführliches Sprechen ab und an von Huillet zusammengefasst oder korrigiert wird). Dieser Film erschließt das Nachdenken über Klassenverhältnisse, indem er die Konstruktionsprinzipien offen legt, die Straub und Huillet bei der Filmgestaltung benutzen. Für Filmemacher, so stark formalistisch, politisch und oft verquer wie Straub und Huillet, bereichern diese Einblicke ihre Arbeit, indem sie die Arten des Engagements zeigen, die sie in ihrem Werk benutzen. An einer Stelle beschreiben sie ihre Auswahl der Kameraperspektive, bei der sie die Subjektivität ihrer Personen geflissentlich vermeiden, während sie der Kamera selbst einen subjektiven Standpunkt geben (einen, bei dem sie, in Bezug auf Karl Rossmann von „brüderlich“ sprechen). Das ist ein Einblick, der ihre Haltung zum Filmemachen erklärt und wie wir fühlen – und denken – sollen über ihre Personen. Eher, als die Zuschauer in die Emotion hinein zu manipulieren, trachten sie danach, ein Gefühl der Solidarität mit ihren Personen zu schaffen. Diese Solidarität trifft zusammen mit einem intellektuellen Verstehen der Umstände, in denen ihre Personen leben. Sie geht auch ein Verhältnis ein zu den anderen Komponenten der visuellen Präsentation, die Straub und Huillet in Klassenverhältnisse benutzen, die mit Brecht eine Neigung zu distanziertem Verstehen teilen, das emotionale Beziehung einschließt. Sie erreichen einige dieser distanzierenden Effekte, indem sie hin- und herschreiten in Einstellungen und Szenen, harten Schatten und Hell-Dunkel-Ausleuchtung und Requisiten und Drehorten, die uns von einer Idee von „Amerika“ fern halten. Die sich daraus ergebende brüderliche Distanz ist die wesentliche Komponente von Straub und Huillets Filmemachen und das, was ihre Arbeit dynamisch, wesentlich und politisch scharfsinnig macht. Die Gelegenheit, diesen einzigartigen Standpunkt in solch einer vollständigen Studienausgabe zu erforschen sollte nicht verpasst werden.“

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Den Text von "Wie will ich lustig lachen" in einer Lesefassung sowie eine Galerie von Stills aus Straub/Huillets "Klassenverhältnisse", in dem Manfred Blank zudem einer der Darsteller ist, finden Sie hier.

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